Eines vorweg: Ein gewaltiger Schritt in Richtung Konfliktlösung, ist die Fähigkeit Empathie aufzubringen, für die Perspektive meines Gegenübers. Falls Sie sich in diesen ersten Satz nicht einfühlen können, kann Ihnen mein heutiger Artikel eine neue Perspektive eröffnen…
In Konflikt-und Krisensituationen tatsächlich verstanden und angenommen werden - ein frommer Wunsch vieler Menschen. Denn das Gefühl, verstanden zu werden, hat eine heilsame Wirkung. Aufrichtige Anteilnahme und ernsthaftes Interesse an der Person und ihrem Thema öffnet die Türen zu einem Ausweg aus dem Konflikt.
In meinem Berufsalltag erlebe ich es immer wieder, dass insbesondere Führungskräfte distanziert reagieren, wenn Mitarbeiter konfliktbehaftete Themen, zum Teil wiederholt, an sie herantragen und um Hilfe bitten. Schnell entsteht der Eindruck, es wäre der Führungskraft „schnurz piep egal“, wie es dem Mitarbeiter oder der Mitarbeiterin geht. Und manchmal ist das auch so!
Und manchmal fehlt es einfach an emotionaler Intelligenz. Das ist das Fach, was wir in der Schule nie hatten, welches jedoch mit Bestnote für die Erklimmung der Karriereleiter vorausgesetzt wird. Das ist der entscheidende Faktor auf dem Arbeitsmarkt der Zukunft, denn der Arbeitgeber von heute und morgen muss sich um seine Fachkräfte bewerben. Wir wissen heute bereits, wie viele Menschen in 2030 etwa auf dem Arbeitsmarkt aktiv sind. Wir wissen, dass wir zu diesem Zeitpunkt ca. 2 Mio Erwerbstätige weniger beschäftigen werden, als heute und wir wissen, dass diese Erwerbstätigen dann aus mehr 65-Jährigen bestehen, als aus 20-Jährigen. Die Arbeitnehmer von morgen werden den Arbeitgeber noch öfter wechseln, weil es salonfähig geworden ist, weil es der Arbeitsmarkt hergibt, weil sie nicht länger bereit sind ihre Individualität und Diversität am Eingang abzugeben. Und die Unternehmen, in denen das noch so ist, die gehören perspektivisch nicht in die engere Auswahl der Bewerber. Jeder Mensch ist einzigartig und wertvoll, und gehört mit seinen Facetten, aus meiner Sicht, in den Mittelpunkt seiner Arbeit.
Empathische Führungskräfte erhöhen die Leistungsfähigkeit ihrer Mitarbeiter! Insbesondere im Hinblick auf den heutigen Wandel in der Arbeitswelt und die neue Mitarbeitergeneration - die sich einen einfühlsamen Führungsstil wünscht, der maßgeblich von Offenheit, wertschätzender Kommunikation und Informationsteilung geprägt ist - wird empathisches Verhalten als unverzichtbare Führungskompetenz bei Verantwortlichen immer mehr erwartet.
Zugleich belegen neue wissenschaftliche Untersuchungen, dass Empathiefähigkeit insbesondere in den oberen Führungsetagen nur selten zu finden ist. Die meisten Führungskräfte können oder wollen sich nicht in ihre Mitarbeiter einfühlen bzw. eindenken. Als eine wesentliche Ursache dafür wird gesehen, dass der zunehmende Dauerstress der Leistungsgesellschaft in hohem Maße unsere Empathie hemmt. Wir zeigen meist das Gesicht, von dem wir glauben, dass es erwartet wird. Auch Führungskräfte tun das. Gefühle wie Stress, Hektik, Angst oder Zorn lassen die Menschen so sehr um sich selbst kreisen, dass dadurch der Blick auf die Mitmenschen verstellt wird. Dann haben wir den Salat: Zombies in den Führungsetagen, welche es nicht schaffen authentisch zu kommunizieren. Deren Fachjargon jegliche Menschlichkeit versanden lässt.
Da geht es oftmals nicht um die öffentliche Demonstration der selbst auferlegten Gefühlskälte, viel mehr erlebe ich eine grundsätzliche Entkopplung zu Gefühlen. Habe ich Zugang zu meinen eigenen Gefühlen, kann ich sie spüren, benennen und selbst aushalten (?), so kann ich vor allem Empathie für mich selbst aufbringen. Kann ich jedoch für mich selbst kein Gefühl entwickeln, unterdrücke ich positive und negative Gefühle, bis dieser ungepflegte Teil in mir völlig verwildert und mickrig vor sich hinvegetiert, kann ich auch keinen Zugang zu den Anliegen, Nöten oder Konflikten meiner Mitmenschen entwickeln.
Ja, so einfach ist das.
Wir können es in klinische Bilder gießen wie Narzissmus u.ä., wir könnten das Verhalten aber auch verurteilen, oder wir bringen Empathie für Denjenigen auf, die eben keine haben. Es muss schrecklich sein, nie über die Strenge zu schlagen, nie mit der Faust auf den Tisch zu schlagen, nie ehrliche Gefühle zulassen zu können und wenn es ihnen mal passiert, liegen sie in nächtlichen Panikattacken wach und denken darüber nach, wie es auf andere gewirkt haben könnte. Emotionale Handlungsunfähigkeit – ein wirtschaftlicher Kollateralschaden.
Wundert es da, wenn sich die Mitarbeiter dieser Führungskräfte zurückziehen? Sie haben mal laut und mal leise, nach der Hilfe der Führungskraft gesucht und sind immer wieder an der Teflon-Beschichtung ebendieser abgeperlt. Die Leisen werden nicht gehört, die Lauten sind zu anstrengend und werden mit einer innerlichen Abwehrhaltung gestraft.
Die Sachebene ist sicher, da kennt sich die Führungskraft aus und dort bleibt sie. Die Mitarbeiter, die sich tagaus tagein mit dieser Führungskraft konfrontiert sehen, sind schnell ernüchtert, resigniert, die emotionale Entfremdung ist Grund für den berühmten „Dienst nach Vorschrift“, gefolgt von der inneren Kündigung und dem Fortgang zu einem Arbeitgeber, bei dem das Individuum mit seinen Bedürfnissen nach gelebten Werten, Kommunikationskultur und echter Fü(h)rsorge, wirklich willkommen ist.
Neben der Fähigkeit, die eigene Stimmung sowie die des Gesprächspartners zu reflektieren, ist vor allem von Bedeutung, auch empathisch kommunizieren zu können. Eine empathische Gesprächsführung gilt heute als unverzichtbares Handwerkszeug für eine erfolgreiche Führungskraft. Wenn ich mit diesen Indianern, die keinen Schmerz kennen, arbeite, dann sind sie bereits an einem Punkt angelangt, an dem sie ausbrennen, weil sie den heilsamen Teil ihrer Emotionen vernachlässigt haben und nur noch wie Marionetten in Zahlen-Daten-Fakten unterwegs sind, zu 100% objektiv – sicher auf ihrem Elfenbeinturm der Sachlichkeit, dann fühlt es sich aus meiner Sicht an, wie ein Ball, den diese Menschen lange unter Wasser gedrückt haben. Dann lassen sie los.
Mit etwas Empathie wissen wir, was dann passiert.